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Der Weihnachtsbaum

 

Neulich stand da der Weihnachtsbaum und sah mich vorwurfsvoll an. Er war noch immer geschmückt und ordentliche Menschen hätten den Schmuck auch schon längst wieder ordentlich verräumt und den Baum entsorgt. Wie gesagt - ordentliche Menschen...

 

Schon der Kauf desselbigen war kein Spaß. In der Vorstellung eines tollen Weihnachtsdorf-Events, bei dem man seinen Baum selbst aussuchen und absägen durfte extra dorthin gefahren, stapften wir nun murrend durch knöcheltiefen Matsch und sahen uns krumm gewachsene und irgendwie Mitleid erregende Nordmanntannen an. Es regnete und die Menschen trugen Masken im Wald, weil es die Verordnung so vorsah.

 

Schließlich entschied die Vernunft und wir nahmen einen "schon toten", also bereits abgeschnittenen und dekorativ zur Schau gestellten Baum mit. Immerhin gerade gewachsen und nicht nadelnd, zwinkerte er uns im Vorbeigehen zu und die Entscheidung fiel. Der Baum kam ins Netz.

 

Wieder zuhause bestimmten die Kinder, ihn alleine schmücken zu wollen, was mir nur Recht war. Denn exorbitante Weihnachtsbaumdekoration gehört nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Zu denen der Kinder glücklicherweise schon und es gelang ihnen sehr schön.

 

So stand er nun also in seiner vorgesehenen Ecke, nadelte kaum, war sehr pflegeleicht und schenkte uns ein schönes, indirektes Licht. Und das bis weit in den Januar hinein.

 

Was tut man nun mit so einem Baum, der kaum nadelt und ein beruhigendes und heimeliges Licht schenkt? Verwirft man ihn, nur weil die Zeit dazu gekommen ist?

 

Immerhin - zumindest der Christbaumschmuck hatte sich bereits dezimiert und musste somit nicht mehr verräumt werden. Eine Glaskugel fiel einer zornig ins Schloss geworfenen Tür zum Opfer - nicht sehr weihnachtlich, der Moment - und mehrere andere dem Spieltrieb der Katze.

 

Blog-Weihnachtsbaum-Stern.jpg

Ich entschied gegen bisherige Konventionen:

Der Baum bekommt eine Gnadenfrist!

Er darf noch ein wenig bleiben.

 

In diesem letzten Jahr lief sowieso alles dermaßen gegen alle bisher gekannten und gewohnten Konventionen. Da kam es auf den Baum nun auch nicht mehr an.

 

Und während ich nun diesen Text schreibe, steht er hinter mir und strahlt mich mit seinem gemütlichen Licht an. Es ist warm hier im Raum und heimelig und gerade bereitet es mir solch eine Freude, dass ich ihn noch nicht wegräumte, den Weihnachtsbaum, sondern ihm die Chance seines Lichtes gelassen habe.

 

Und das ist es, worauf es ankommt.

Die kleinen Dinge, die ihr Licht auf uns strahlen und die Welt genau in diesem Moment zu einem besseren Ort machen.

 

Und ich wette mir dir, auch du bist ein Lichtträger? Genau wie unser Baum...

 

Auch du kannst die Welt eines anderen heller und lichter und wärmer machen.

Wir alle können das.

 

Wir brauchen jetzt Licht! 

Für dich.

Für mich.

Für uns alle.

 

Für das neue Jahr wünsche ich mir viele solcher Lichtträger, die unser Dasein ein wenig besser und schöner und hoffnungsvoller machen.

 

Sieh dich um.

Sie sind schon da!

 

Alles Liebe.

 

Deine Daniela

 

© 2021 - Daniela Bezold

 

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Kommentare: 1
  • #1

    KatJA (Samstag, 09 Januar 2021 22:55)

    Wunderschön, liebe Daniela.

    Auch meiner Erfahrung nach hat uns das letzte Jahr so richtig gezeigt, dass wir gewaltig hinterfragen dürfen, welche Konventionen, Moralvorstellungen oder Regeln tatsächlich SINNvoll sind und welche wir -getrost unserer Intuition folgend- über Bord werfen dürfen....

    Wie schön, dass ich in diesem intensiven Jahr Dich als Lichtträger in meinem Leben entdecken dürfte.
    DANKE für Dein hell strahlendes Licht!!