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Relativitäts-Theorien

 

Heute morgen stand mein kleiner Sohn in der Küche und fragte mich, warum ich diesmal nur eine kleine Müslipackung gekauft habe. Ich antwortete: "Was meinst du? Die Packung ist doch dieselbe wie sonst auch."

 

Kurz darauf fiel ihm auf, dass auch der Müsli-Behälter kleiner sei als gestern noch. 

Aber auch der war ja noch derselbe.

 

Nachdem wir gemeinsam ein wenig über Größen-Relationen sinniert hatten, kamen wir darauf, dass der Sohn in dieser Nacht gewachsen sein musste und ihm daher alles, was er sah, so viel kleiner als gestern noch vorkam.

 

Mir fiel ein, dass ich im zarten Alter von sechzehn Jahren mal ein Praktikum als Chemielaborantin absolviert hatte. Bei der ENKA. Oder hieß sie damals schon AKZO? Naja, egal...

 

Die Jungs in meiner Praktikumsgruppe fanden irgendwie Gefallen an dem Wort "relativ" und das wurde in dieser Woche zum Running Gag.

Alles war relativ, ständig wurde dieses Wort gebraucht und auf alles angewendet, was nicht bei Drei auf den Bäumen war.

 

Damals ging mir das ziemlich auf die Nerven. Hinzu kam der Umstand, dass man sich mit sechzehn ja mittendrin in einem völlig neuen Leben befand, auch genannt "Pubertät". Und dass die Mädels den Jungs da in etwa zwei Jahre voraus sind, ist ebenfalls hinreichend bekannt.

Ich also, überheblich schon auf dem hohen Ross des Bald-Erwachsen-Seins reitend, fand die kichernden Jungs reichlich albern.

 

Heute denke ich, die hatten damals gar nicht so unrecht.

Alles ist relativ.

 

Ich fahre zum Beispiel ein altes Auto, 96er Baujahr. Den Fred.

 

Jetzt könnte man sagen, am Fred ist relativ viel kaputt. Die Querlenker mussten ihm schon erneuert werden, die Karosserie rostet an den Kotflügeln besinnlich vor sich hin und seit letzten Sommer geht leider das Dach nicht mehr auf (Fred ist ein Cabrio).

Also, eigentlich geht das Dach schon auf, dann aber nicht mehr zu und der immer geschlossene Zustand ist für die meisten mitteldeutschen Wetterlagen weit besser geeignet, als der dauergeöffnete.

 

Relativ viel zu reparieren also...

 

Man könnte aber auch sagen, für sein Alter steht der Fred noch relativ gut da.

Und würde man nun relativ viel Geld in Fred investieren, könnte er bald sogar noch besser da stehen.

 

Mit dem Geld ist das allerdings momentan so eine Sache. Da sollte man lieber relativ umsichtig mit umgehen, man weiß ja nicht, was in der nächsten Zeit da noch so alles kommt.

 

Ich verspreche dem Fred also, ihn relativ bald zumindest mal wieder zu putzen.

Haben Autowaschanlagen eigentlich zur Zeit geöffnet...?

 

Das Problem am "relativ" ist ja, dass es für jeden etwas anderes bedeutet.

 

Wenn ich also relativ pünktlich zu einer Verabredung erscheine - das akademische Viertelstündchen voll ausnutzend - mag das für mich okay sein. Mein Gegenüber könnte aber gekränkt reagieren, weil mein "relativ" von seinem weit abweicht und er sich in dem Moment von mir nicht wertgeschätzt fühlt. Denn, so vielleicht sein Argument, hätte ich dies nicht beabsichtigt, wäre ich ja pünktlich gewesen.

 

Eine Nachlässigkeit, die schnell zum Missverständnis führt - manchmal ohne Relation zum Anlass (wäre ich denn mal pünktlich gewesen...)

 

Blog - Relativitätstheorien - Gefährliche Mauer
Sieht relativ gefährlich aus, nicht? In real war vor der Mauer aber eine abgeschrägte Fläche, auf der der man stehen konnte.

Meinen Kindern habe ich dieses Wörtchen übrigens in einem wesentlich einfacheren Kontext nahe gebracht:

  • Du schaust eine Minute deine Lieblings-Serie und musst sie dann abschalten - das ist relativ kurz.
  • Du sitzt eine Minute auf einer heißen Herdplatte - das ist dann relativ lang. (Dieses Beispiel habe ich den Buben natürlich nur mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf gebracht, dass es nur ein BEISPIEL ist und keinesfalls nachzumachen! Sicher ist sicher...)

"Relativ" ist also die Dehnfuge in so vielen Zusammenhängen. Kein Wunder, dass Einstein ihm so viel seiner Zeit und Energie gewidmet hat.

 

Weil seine "Relativitätstheorie" nicht von Anfang an von jedem kapiert wurde, wurde er dafür auch erstmal ganz schön verspottet. Später konnten seine Behauptungen dann allerdings durch Messungen belegt werden. (1)

 

Er fand heraus, dass Zeit nicht immer gleich schnell vergeht - eine Sekunde also mal länger und auch mal kürzer dauern kann und dasselbe auch für Längen gilt. Das ist abhängig von der Geschwindigkeit des Körpers. Allerdings werden Auswirkungen erst bei Lichtgeschwindigkeit deutlich, in unserem normalen Alltag also eher selten.

 

Wenn man dieses Prinzip allerdings mal auf die heiße Herdplatte anwendet, kann so ein Körper sogar unglaubliche Geschwindigkeiten entwickeln - praktisch Lichtgeschwindigkeit... :-)

 

Nachdem ich nun aber relativ viel erzählt habe und relativ bald mit der Katze zum Fäden entfernen zum Tierarzt muss, ende ich nun hier.

 

Wünsche dir noch einen schönen Tag! Ganz ohne relativ.

 

Deine Daniela

 

Blog - Relativitätstheorien - Albert Einstein Zitat
(2)

 

Quellen:

1. "Relativitätstheorie", Klexikon, 10.03.2019

2. Nachweis Zitat: "Leben und Werk eines Genies unserer Zeit", Albert Einstein, S. 46, Europa-Verlag, 1960

 

© 2020 - Daniela Bezold

 

Kommentare: 1
  • #1

    Birgit Luck (Freitag, 17 April 2020 15:14)

    Wunderwunderbar! Darüber werde ich noch eine Weile nachdenken. Gefällt mir ausgesprochen gut.Auch die Fotos.
    Ich bin sowieso ein großer Einstein - Fan. Er hat tolle Sprüche geprägt. Zum Beispiel: „ Ich liebe dich so, wie ich bin!“
    Oder:“ Zwei Dinge sind unendlich: Die menschliche Dummheit und das Universum. Beim Universum bin ich mir aber noch nicht sicher.“ Oder: „ Der Tod ist eine optische Täuschung.“ Und zum Schluß :“ Ein Freund ist ein Mensch ,der die Melodie deines Herzens kennt und sie dir vorspielt ,wenn du sie vergessen hast.“
    In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre wunderbaren Gedanken und Geschichten.
    B. Luck