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Nur mal kurz die Welt retten?

 

Lesezeit: 10 Minuten

 

Neulich saßen wir beim Frühstück.

Versonnen und noch ein wenig verschlafen guckten wir in unsere Kaffeetassen.

 

Ich fragte meinen Mann, was er heute auf der Arbeit denn so machen würde. Er antwortete: "Hm, wahrscheinlich nur mal kurz die Welt retten."

 

Gar nicht so weit hergeholt - er arbeitet im Katastrophenschutz...

 

Immer öfter bekomme ich in der letzten Zeit Nachrichten, kleine Bilder oder Videos zugesendet, in denen angedeutet oder gar offen und laut ausgesprochen wird, dass unsere Erde sich nun gegen uns "wehrt". Dass wir die Natur brauchen, die Natur uns aber nicht.

 

Dass wir jahrelang Raubbau betrieben haben, es immer nur ums Geld ging, immer nur um den Profit. Dass wir Gifte auf unseren Feldern versprüht haben, die nicht nur dabei sind, unsere Bienen praktisch auszurotten, sondern auch uns selbst krank machen(1)

 

Es wird diskutiert, dass Pestizide die Krebsentstehung begünstigen, das Immunsystem beeinträchtigen, Allergien auslösen oder das menschliche Hormonsystem und damit die Fortpflanzung beeinflussen. Nachdem die EU Kommission den Import belasteter Produkte automatisch verbieten wollte und damit auf Widerstand stieß, steht nun eine "Import-Toleranz" im Raum. Das heißt, "wenn Länder von der EU eine Import-Toleranz fordern, müssen Behörden zuerst prüfen, ob es einen Grenzwert gibt, bei dem Gesundheitsgefahren ausgeschlossen werden können". Mit diesem Vorgehen möchte die Bundeslandwirtschaftsministerin "rechtliche Vorwürfe und Schadensersatzansprüche" vermeiden. Das Pestizid-Netzwerk "PAN Germany" und auch der "Deutsche Bauernverband" haben bereits ihr Veto eingelegt. (2)

 

Ach, wo fängt man an und wo hört man auf...?

 

Es war schon immer gut, auf Bio zu setzen, da hier in der Regel erstens gar nicht so viele Zusatzstoffe zugelassen sind und die Biobauern meist auch mit Engagement daran arbeiten, die in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzten Pestizide durch kluges Handeln zu ersetzen. Fruchtfolgen beachten, Schädlinge natürlich bekämpfen, den Tieren ihren Raum lassen und ihre grüne Wiese. Und zweitens, ganz nebenbei, werden die Bio-Landwirte für ihre Arbeit auch besser entlohnt.

 

Ist sicher auch nicht alles ganz prima im Biosektor - die Tiere werden ja auch hier nur dazu gezüchtet, um sie entweder zu essen oder z.B. Milch von ihnen zu bekommen.

Aber in Summe eben doch besser.

 

Neulich habe ich gelesen, dass die Menschen gerade wieder vermehrt in Hofläden einkaufen gehen oder sich Biokisten schicken lassen. Weil sie das Vertrauen in lange Lieferketten und in die Selbstverständlichkeit, Obst und Gemüse aus aller Herren Länder zuverlässig zu bekommen, so langsam verlieren. (3)

 

Und dass die Leute gar nicht so unrecht haben, zeigt sich darin, dass innerhalb dieser kurzen Zeit, seit Corona bei uns wütet, der Preis für so manches Gemüse und verschiedene Früchte schon stark angestiegen ist. Es werden sogar bereits Stimmen laut, die zum Selbstversorgen aufrufen...

 

Ja, ist es denn nun also tatsächlich so, dass die Welt sich gegen uns wehrt?

In den sozialen Medien ist von "Pandemien alle 100 Jahre" die Rede (4), von einer Natur, die sich "der Bevölkerung entledigt".

 

1720 die Pest, 1820 die Cholera, 1920 die Spanische Grippe (die im übrigen wohl ursächlich aus der USA stammte - der Name ist mutmaßlich darauf zurückzuführen, dass erste Berichte über die Seuche aus Spanien kamen) (5). Und nun 2020 - Corona.

 

Medizinhistoriker bestreiten einen Zusammenhang (4), da wichtige Epidemien, die dazwischen auftraten, nicht genannt werden. Auch der 100-Jahre-Ansatz sei ungenau.

 

Und nun? 

Werden wir alle dahin gerafft? Oder verlieren wir durch die große Angst davor unsere Objektivität und Dinge aus dem Auge, die zuvor einmal wichtig waren für uns?

 

Blog - Nur mal kurz die Welt retten?

Und das ist in diesen Zeiten zugleich meine große Besorgnis. Dass, wenn das hier alles mal irgendwann vorbei ist und wir zum "Normalzustand" zurückkehren, Diskussionen um Dinge, die mal bedeutsam waren, nicht mehr stattfinden. Zurück in die Steinzeit...

 

Dass wir so meinungsfrei und informiert sind, hat viele Jahre gedauert. Ein lange währender Kraftakt von vielen engagierten Aktivisten, die nie müde wurden, kritische Artikel zu schreiben, mit Demos aufzurütteln, kontroverse Meinungen zu haben und zudem noch viel Kritik von Außen auszuhalten.

Zuletzt sind hier die Kinder und Jugendlichen von "Fridays for Future" zu nennen, denen ich meinen größten Respekt zolle.

 

Diese Meinungen sind ja noch immer da, aber wird sich nun etwas an den Umständen, wie und ob sie laut ausgesprochen werden (dürfen) ändern? (6)

 

Unsere Rechte, jahrelang hart erkämpft und erstritten - und plötzlich nichtig und nicht mehr wichtig?

 

Puh, höre ich dich sagen - jetzt hat sie es auch noch mit der Politik. Das sollte sie mal besser denen überlassen, die was davon verstehen. Aber ist es tatsächlich so, dass man Politikwissenschaften studiert haben muss, um hier eine eigene Meinung zu haben? Oder gar Jura?

 

Oder ist das gleichzeitig Teil des Problems? Dass fast keiner von uns "Normalos" sich noch in die politische Diskussion traut, aus (begründeter) Furcht, dort von ausdrucksstarken und überzeugenden Fachleuten niedergebabbelt zu werden?

 

Immerhin bekommen jetzt gerade mal die eine Stimme, die jahrelang keine hatten oder nur wenig gehört wurden - Pflegefachkräfte (7), Erzieher(innen), Bauern... - die täglich Großes leisten (und nicht nur jetzt in der Coronakrise tun sie das. Das war schon immer so!). Und dafür trotzdem mit einem geringen Lohn zurecht kommen mussten.

 

Eine Freundin von mir, selbst Erzieherin, bemerkte einmal, sie könne sich vorstellen, warum so wenige Männer in diesem Bereich tätig seien. Nicht, dass sie es nicht wollten. Sondern weil es trotz langer Ausbildung doch schließlich kaum möglich sei, mit einem Erzieher-Gehalt eine Familie zu ernähren. Und wieder machen also diese hochanspruchsvollen Jobs wir - wir soziale Wesen - wir Frauen, auch für eine, an der Verantwortung gemessen, nicht angemessene Bezahlung.

 

Im Moment bekommen gerade diese "systemrelevanten" Berufsgruppen große Anerkennung, weil man nun merkt, wie sehr man sie braucht.

 

Hoffen wir (und tun wir etwas dafür in unseren Köpfen), dass dies auch in Zukunft "nach der Krise" so bleibt. Und dass über gerechte Entlohnung (und damit meine ich nicht einmalige Bonuszahlungen) nicht nur geredet wird, sondern diese auch folgt.

 

So. Und was ist jetzt mit unserer Welt?

 

Wir sind alle gut geölte Zahnrädchen in einem riesigen Getriebe.

 

Deshalb mein Fazit:

Wir allein können die Welt nicht retten. Das kann nur James Bond. :-) 

Vielleicht...

 

Aber wir können unsere eigene Welt ein wenig besser machen. Und die unserer Kinder, unserer Eltern, unserer Familie, unserer Freunde, Nachbarn...

 

Statt groß zu denken, sich sofort überfordert zu fühlen und es gar nicht erst anzugehen, lieber kleine, erreichbare Ziele stecken und sie langsam aber konsequent umsetzen. Wie es für jeden Einzelnen für uns eben machbar ist.

 

Ein erstes "kleines" Ziel könnte zum Beispiel sein, sich selbst an die (Garten-) Arbeit zu machen.

Sich ein wenig im Selbstversorgen zu üben. Hast du einen Balkon oder gar einen Garten? Und selbst wenn nicht: Auch auf der Fensterbank lassen sich Pflanzen ziehen. Im Internet gibt es prima Ideen, wie man das macht: Selbst Hochbeete bauen, Kartoffeltürme, Kräuterschnecken, Tomatentöpfe und und und...

 

Hier findest du ein paar Links zu dem Thema:

 

Hochbeet selber bauen - Einfache Anleitung mit hilfreichen Tipps (8)

 

Kräuterspirale selber bauen - Anleitung mit verschiedenen Materialien (9)

 

Kartoffelturm selber bauen (10)

 

Und wenn es am Ende nicht ganz so perfekt aussieht, wie auf den Fotos - nicht schlimm...

Ganz nebenbei beruhigt der Umgang mit Pflanzen und Erde nämlich auch die vielen Gedanken und entwirrt den Geist.

 

Konkrete Tipps zum Garteln kann ich dir diesmal nicht geben. Der grüne Daumen in unserer Familie hat meine Generation übersprungen und ist direkt an meinem Sohn gelandet. Der pflanzt nun in aller Inbrunst Tomaten, Paprika, Kräuter und Blumen für die Bienen. Wie schön, dass er das kann und es ihm Spaß macht.

 

Und dir wünsche ich auch viel Freude dabei!

 

Deine Daniela

 

Quellen:

1. "Pestizide machen krank", Greenpeace

2. "Spritzen verboten - essen erlaubt?", Schrot und Korn, 04/2020

3. "Coronakrise - Boom bei Hofläden und Abokisten", BR24, 05.04.2020

4. "Pest, Cholera, Corona: Wird die Welt alle 100 Jahre von einer Pandemie verwüstet?", Mitteldeutsche Zeitung, 02.04.2020

5. "Spanische Grippe", Wikipedia, 05.04.2020

6. "Petition - Verteidigt unsere Demokratie in der Coronakrise", Change.org

7. "Petition - Coronakrise: Gemeinsamer Aufruf von Pflegefachkräften an Jens Spahn", Change.org

8. "Hochbeet selber bauen: Einfache Anleitung mit hilfreichen Tipps", Utopia, 30.04.2019

9. "Kräuterspirale bauen - Eine schnelle Anleitung und Ideen für Materialien", Deavita, 21.07.2017

10. "Kartoffeln ernten auf kleinstem Raum - mit dem Kartoffelturm", smarticular


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© 2020 - Daniela Bezold

 

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